Verdacht auf sexuelle Gewalt: Was tun?

Teddybär mit überkreuzt geklebten Pflastern auf dem Mund

Danke, dass Sie den Mut aufbringen, sich mit diesem Thema zu befassen. Denn leider kommt sexuelle Gewalt häufiger vor als vermutet. Laut Information des Europarates ist ein Kind von fünf betroffen. Hier erhalten Sie wichtige Informationen zu diesem Thema und was Sie im Ernstfall tun können. 

Uns ist bewusst, dass sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen Wut, Empörung, Hilflosigkeit, Unbehagen und Unsicherheit auslösen kann. Aber: 

Betroffene Kinder und Jugendliche sind darauf angewiesen, dass es mutige Menschen gibt, die zu ihrem Schutz handeln und nicht wegsehen.

Ab wann spricht man von sexueller Gewalt?

Sexuelle Gewalt beginnt dort, wo Mädchen und Jungen anfangen, sich unwohl oder belästigt zu fühlen. Sowohl die Kinder und Jugendlichen als auch die Erwachsenen spüren den Unterschied zwischen Zärtlichkeit und sexueller Gewalt sehr deutlich.

Sexuelle Gewalt hat viele Formen:

  • beschämenden Blicken
  • erniedrigende Äußerungen
  • erniedrigende Berührungen
  • Zeigen von pornografischen Videos und Fotos
  • Filmen von Kindern und Jugendlichen
  • Sexting
  • Vergewaltigung

Sexting ist das Verschicken von intimen Nachrichten, Nackt-Fotos und -Videos und ist unter Jugendlichen weit verbreitet. Sexting wird zum Problem, wenn jemand ungewollt solche Nachrichten erhält oder die eigenen Aufnahmen unerlaubt weiterverschickt oder veröffentlicht werden.

Ich mache mir Sorgen um ein Kind oder einen Jugendlichen. Was kann ich tun?

Bleiben Sie mit Ihrer Sorge nicht allein! Vielleicht haben Sie den Eindruck, das Geheimnis bewahren zu müssen oder nichts "ausplaudern" zu dürfen. So schwierig dieser Schritt auch ist, nur die Offenlegung des Geheimnisses ermöglicht das Ende der Gewalt!

Wo finden Sie Hilfe und Unterstützung?

Holen Sie sich unbedingt Hilfe, um mit dieser schwierigen Situation umzugehen. Es gibt einige Dienste, die Sie beraten können. Das ist erstmal auch anonym möglich. Gemeinsam mit dem Dienst können Sie dann die nächsten Handlungsschritte planen. An folgende Dienste können Sie sich wenden:

  • Jugendhilfedienst
  • BTZ
  • Kaleido Ostbelgien
  • Telefonhilfe 108
  • Opferbeistand der Polizei
  • Erziehungsberatungsstelle vom Kinderschutzbund Aachen  

Wie verhalte ich mich, wenn sich ein Kind oder eine Jugendliche mir anvertraut?

  1. Zeit nehmen: Nehmen Sie sich unbedingt Zeit und suchen Sie sich einen sicheren Ort.
  1. Ruhe bewahren und nichts übereilen: Halten Sie Ihre Bestürzung und Betroffenheit zurück und bewahren Sie eine sachliche Distanz. Stellen Sie Ihren Wunsch, sofort handeln zu wollen, hinten an.
  1. Zuhören: Das betroffene Kind braucht jemanden, der „einfach da ist“. Suchen Sie im Gespräch mit dem Kind nicht nach Lösungen, sondern hören Sie einfach zu. Das Kind braucht Unterstützung, parteiliche Anteilnahme und einen respektvollen Umgang.
  1. Dem Kind glauben: Ihr Job ist nicht, die Wahrheit herauszufinden. Das heißt, vermitteln Sie dem Kind, dass Sie ihm glauben – auch wenn die Aussagen unglaubwürdig klingen oder das Kind in anderen Situationen schon mal gelogen hat. Sie sind die Vertrauensperson des Kindes.  
  1. Offene Fragen stellen: Legen Sie dem Kind keine Aussagen in den Mund durch suggestive oder drängende Fragen. Wiederholen Sie die Aussagen des Kindes und fragen nach, ob Sie das so richtig verstanden haben.
  1. Mut machen und loben: Versichern Sie dem Kind, dass es richtig war, über das Erlebte zu sprechen. Loben Sie es und erklären Sie, dass Hilfe holen, niemals Petzen ist. Das Kind soll wissen, wie mutig und stark es ist, sich jemandem anzuvertrauen. Auch wenn sich das Kind erst sehr spät Ihnen anvertraut, machen Sie ihm niemals Vorwürfe, es hätte eher zu Ihnen kommen sollen!
  1. Die Gefühle des Kindes zulassen: Starke und ambivalente Gefühle sind normal. Sie müssen das aushalten, ohne dem Kind das Gefühl zu geben, dass es Sie belastet.
  1. Versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können: Sie sind die Vertrauensperson des Kindes. Wenn Sie ein Versprechen nicht einhalten, kann das das Vertrauen brechen und die Lage des Kindes verschlimmern. Versprechen Sie dem Kind deshalb nicht, dass Sie das Erzählte geheim halten werden, oder dass Sie dafür sorgen werden, dass die sexuelle Gewalt sofort aufhört. Keins der beiden Dinge können Sie versprechen.
  1. Dokumentation: Beobachten Sie das Kind und dokumentieren Sie sein Verhalten und seine Aussagen! Dokumentieren hilft dabei Fakten und Emotionen zu sortieren und sich gut zu erinnern. Das kann für die spätere Aufklärung der Situation hilfreich sein. 
  1. Holen Sie sich Hilfe: Die Situation ist auch für Sie sehr belastend. Holen Sie sich deshalb unbedingt Hilfe bei einer Beratungsstelle. Gemeinsam können Sie dort außerdem mögliche Handlungsschritte besprechen. Die Kontaktdaten zu den einzelnen Beratungsstellen finden Sie weiter unten unter „Mehr zum Thema“.
  1. Normalität: Normalität gibt dem Kind Halt und Sicherheit. Behandeln Sie es deshalb nicht, wie das „arme Opfer“, sondern wie ein „normales“ Kind. Geben Sie ihm keine Sonderstellung: Es muss sich genauso an Regeln halten, wie andere Kinder.