Ältere Pflegekinder sind eine Bereicherung für die ganze Familie

Die Konflikte mit ihrer leiblichen Mutter häuften sich zu Hause. Irgendwann ging es nicht mehr. Familie Sommer kannte Maria damals bereits gut, da sie mit ihrem ältesten Sohn dieselbe Schule besuchte. „Eines Tages hat sie uns gefragt, ob sie nicht bei uns leben könne. Wir haben dann mit dem Einverständnis der Mutter zugestimmt.“

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Eine Selbstverständlichkeit für Familie Sommer. Aber auch eine organisatorische Meisterleistung. Denn das Ehepaar Sommer hatte bereits vier leibliche Söhne im Alter von 16, 14, 11 und 8 Jahren.

Außerdem gab es ein Platzproblem. Dieses löste das Ehepaar kurzerhand, indem es sein Schlafzimmer räumte, um der Pflegetochter ein eigenes Zimmer zur Verfügung stellen zu können.

Für sie ist ihre Pflegetochter eine Bereicherung für die ganze Familie. Viel los war bei ihnen zu Hause immer schon.

Über Umwege zum Pflegekind

Die Option, irgendwann ein Pflegekind aufzunehmen, stand bei Familie Sommer schon öfter zur Debatte. Dass es nun auf diesem unkonventionellen Weg geklappt hat, war Zufall. Nachdem Maria ein halbes Jahr bei ihrer „neuen“ Familie gelebt hatte, haben alle beschlossen, die Aufnahme offiziell als Pflegschaft anerkennen zu lassen.

Für Maria war dies eine zusätzliche Sicherheit. Das Ehepaar Sommer erhält seitdem Begleitung durch den Pflegefamiliendienst sowie eine finanzielle Unterstützung. Dafür hat die ganze Familie an einem Vorbereitungsseminar teilgenommen.

Normalerweise erhalten potenzielle Pflegeeltern die Anerkennung als Pflegefamilie, bevor sie ein Pflegekind aufnehmen. Familie Sommer ist den umgekehrten Weg gegangen und hat auch dabei alle Unterstützung des Pflegefamiliendienstes erhalten.

Viel Liebe und Geduld

Gab es auch die Sorge, dass es nicht klappen könnte? „Nein. Wir haben ja selbst vier Kinder und wussten, dass man mit viel Liebe und Geduld einiges schaffen kann. Außerdem habe ich nach vier Jungs nun auch endlich eine Tochter“, schmunzelt Carla Sommer. Aber natürlich musste sich der Familienalltag erst einmal einpendeln. Viele Gespräche wurden geführt. Und ein Grundsatz stand von Anfang an fest: Alle Kinder werden gleichbehandelt!

Das erste Jahr unternahm Maria fast gar nichts in ihrer Freizeit. „Ich glaube, sie hat es erst einmal genossen, zu Hause angekommen zu sein und Familienleben zu erleben. Da musste ich sie irgendwann eher ermutigen, wieder etwas zu unternehmen“, blickt Carla Sommer zurück.

Ein großes Thema waren auch bestimmte Verhaltensmuster, die Maria von zu Hause gewohnt war. Bei impulsiven Durchbrüchen musste sie immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Auch haben Carla und Thomas Sommer sie dabei unterstützt, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren. „Diese offene und auch wertschätzende Kommunikation von Beginn an war für mich sehr wichtig und hilfreich“, erzählt Maria. Seit der räumlichen Trennung von ihrer leiblichen Mutter hat sich auch deren Verhältnis zueinander verbessert.

Ältere Kinder sind dankbarer

Für das Ehepaar Sommer war es die goldrichtige Entscheidung, ein älteres Pflegekind aufzunehmen. „Wir können auch anderen potenziellen Pflegeeltern nur empfehlen, älteren Kindern eine Chance zu geben. Denn das bietet viele Vorteile“, erklärt Thomas Sommer. „Mit unserem Pflegekind haben wir zum Beispiel viele Gespräche geführt, was zu Hause passiert ist, sodass wir darauf eingehen können. Und ältere Kinder sind dankbarer, da sie besser reflektieren können als kleinere Kinder.“

Kommt denn für jeden ein älteres Pflegekind infrage? Carla Sommer hat dazu eine klare Meinung: „Ich denke, wenn die Bereitschaft da ist, kann das gut klappen. Aber mit Sicherheit haben Pflegeeltern einen Vorteil, die bereits Kinder haben. Denn sie wissen: Mit Kindern läuft halt nicht alles nach Buch – egal wie alt sie sind.“